Wie seid ihr mit der Refugee Bewegung in Berührung/Kontakt gekommen? Was hat euch konkret gefesselt, fasziniert, inspiriert?
Mika: 2013 bin ich die letzten Kilometer mit dem Refugee March for Freedom von Brandenburg nach Berlin mitgelaufen. Am Wannsee haben wir gemeinsam das Stadtschild passiert, und das hat mich tief berührt. Durch meine Familiengeschichte bin ich mit den Themen Flucht und Ankommen in Berlin verbunden. Das Stadtschild war, seit ich denken kann, der Ort, an dem wir das Ankommen jedes Mal wieder gefeiert haben, wenn wir von einem kleinen Ausflug oder einer größeren Reise zurückkamen. Ich bin mit der Überzeugung groß geworden, dass wir das Recht auf Schutz selbst schützen müssen. Hier war die Bewegung, die das sehr klar tat, allen voran die Refugees.
Alice: Ich bin maßgeblich 2012 mit der Refugee Bewegung in Berührung gekommen: Der Oranienplatz in Kreuzberg wurde besetzt und die Abschaffung der Residenzpflicht gefordert. Mich hat vor allem die Entschlossenheit der Refugees inspiriert, die kraftvollen Reden, die gehalten wurden und die unermüdliche Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Wie verlief eure Recherche? Gab es besondere Herausforderungen während der Recherche? Gab es Momente, Funde, Gespräche, die besonders Aufschwung in euren Arbeitsprozess gebracht haben?
Alice: Die Recherche war sehr spannend, besonders die vielen persönlichen Gespräche. Wir waren vor allem davon fasziniert, mit der Zeit herauszufinden, welche Bewegungen und wie zusammenkamen in den 1990ern und wie das funktioniert hat. Das waren wirklich unterschiedliche Bewegungs-Kulturen. Dass das bis heute funktioniert, als lernende Bewegung, ist fantastisch. Wir hätten uns gewünscht, mehr Interviews zu führen und dadurch noch weitere Erfahrungen miteinander ins Gespräch zu bringen. Aber zum einen sind einige der damaligen besonders aktiven Leute heute in ihren 70ern oder 80ern. Und zum anderen gibt es innerhalb so einer großen Bewegung auch Konflikte, wie José und Nora berichten. Viele konnten gelöst werden, aber es gibt eben auch Konfliktlinien, die sich bis heute durchziehen. Wir waren damit nie direkt konfrontiert, aber denken, es hat beeinflusst, wer mit uns sprechen wollte.
Gab es während eures Rechercheprozesses z.B. ein Ereignis, eine Demo, ein Erlebnis, das euch besonders bewegt oder berührt hat?
Mika: José und seine Geschichte kennenzulernen.
Alice: Ich bin in München aufgewachsen, ich kann mich noch gut an das erst „Rage gegen Abschiebung“, das vom Bayrischen Flüchtlingsrat organisiert wurde, erinnern. Die Kontakte zu den Interviewpartner*innen kamen zum Teil über den Bruder einer Freundin, der damals sehr aktiv war. Es hat mich berührt zu sehen, wie Leute über Jahrzehnte drangeblieben sind und sich bis heute gegen Abschiebungen und für Bewegungsfreiheit engagieren.
Woran arbeitet ihr als nächstes?
Alice: Wir arbeiten an einer Broschüre zur Zusammenarbeit mit Unterschieden in sozialen Bewegungen und an einem fünfteiligen online-Kurs zum Aufbau sozialer Bewegungen zum Thema Klimagerechtigkeit und Finanzen, beides für die transnationale Klimagerechtigkeits-Bewegung.
Weitere Informationen zu den Projekten der Bewegungsschule findet ihr hier